Zahlreiche Studien haben belegt, dass es möglich ist, Muskulatur aufzubauen und gleichzeitig Fett abzubauen.
Eine Studie, die im American Journal of Clinical Nutrition veröffentlicht wurde (Muscle hypertrophy with large-scale weight loss and resistance training) fand heraus, dass ein Krafttraining bei gleichzeitig starker Energieeinschränkung und einem damit einhergehenden, großen Gewichtsverlust eine Hypertrophie (Muskelwachstum) bewirkt.
Bei dieser Studie erhielten die Teilnehmerinnen - vierzehn adipöse Frauen - 90 Tage lang eine Flüssigkeitsnahrung, durch die sie etwa 3360 kJ pro Tag (= 800 kcal täglich) zu sich nahmen.
Die Hälfte der Teilnehmerinnen absolvierten ein Trainingsprogramm mit Gewichten, die andere Hälfte diente als Kontrollgruppe und trainierte nicht. Vor dem Studienbeginn und nach 90 Tagen wurden Biopsieproben aus der Oberschenkelmuskulatur (Musculus vastus lateralis) entnommen um die Hypertrophie abschätzen zu können.
Der durchschnittliche Gewichtsverlust über den Zeitraum von 90 Tagen betrug 16 kg, wobei ungefähr 24 % des Gewichtsverlusts auf fettfreie Masse FFM und 76 % auf Fett zurückzuführen waren. Die Menge und die Zusammensetzung des Gewichtsverlusts unterschied sich nicht zwischen der Gruppe mit den Trainierenden und der Kontrollgruppe.
Beim Aufbau der Muskulatur wurde festgestellt, dass die Querschnittsfläche von Slow-Twitch-Fasern ("rote Muskulatur") und von Fast-Twitch-Fasern (weiße Muskulatur) bei der Kontrollgruppe ohne Krafttraining während der Studie unverändert blieb. Sie erhöhte sich aber signifikant bei den Teilnehmerinnen der Gruppe, die ein Krafttraining absolvierte.
Damit wurde gezeigt, dass ein Krafttraining trotz starker Energieeinschränkung und großem Gewichtsverlust eine Hypertrophie der Skelettmuskulatur hervorrufen kann.
Zusammenfassung
- Studienteilnehmerinnen: 14 adipöse Frauen.
- Intervention: 90 Tage lang nur Flüssignahrung mit rund 3360 kJ/800 kcal pro Tag.
- Kontroll- vs. Trainingsgruppe: Die Hälfte absolvierte ein Krafttraining, die andere Hälfte nicht.
Ergebnisse:
- Durchschnittlicher Gewichtsverlust: etwa 16 kg in 90 Tagen.
- Rund 24 % des Gewichtsverlusts waren fettfreie Masse (FFM), 76 % Fettmasse.
- Hypertrophie (Muskelwachstum) wurde nur in der Trainingsgruppe nachgewiesen (sowohl in Slow-Twitch- als auch Fast-Twitch-Fasern im Musculus vastus lateralis).
Schlussfolgerung:
Trotz starkem Kaloriendefizit und erheblichem Gewichtsverlust ist Muskelaufbau möglich, sofern Krafttraining integriert wird.
Hinweise und erweiterte Perspektive
Kleine Stichprobe: Die Studie umfasste lediglich 14 Frauen, was die Aussagekraft einschränken kann. Dennoch zeigen ähnliche Untersuchungen (z. B. Longland et al., 2016, American Journal of Clinical Nutrition) ebenfalls, dass Muskelzuwächse trotz Kalorienrestriktion bei genügend Proteinaufnahme und Krafttraining möglich sind.
Gruppenzusammensetzung: Die Probandinnen waren adipös und hatten zu Studienbeginn keine fortgeschrittene Krafttrainings-Erfahrung. Bei Personen mit bereits hohem Trainingsniveau oder normalem Körperfettanteil könnten die Effekte geringer ausfallen.
Proteinversorgung: Obgleich die Studie mit einer Flüssignahrung arbeitete, weisen neuere Untersuchungen darauf hin, dass ausreichend Protein (typischerweise mindestens 1,2 – 1,6 g Protein pro kg Körpergewicht und Tag) den Erhalt oder Aufbau von Muskelmasse während einer Diät verbessert.
Trainingsgestaltung: Für den Erhalt oder Aufbau von Muskulatur ist ein progressives Krafttraining (progressive Überlastung, ausreichende Erholung) essenziell. Die Intensität und Trainingsfrequenz sollten an den individuellen Trainingszustand angepasst werden.
Studienalter: Die besprochene Studie ist von 1993. Obwohl ihre Aussagekraft nach wie vor relevant ist, lohnt sich immer auch ein Blick auf neuere Forschung, die z. B. weitere Faktoren wie Eiweißzufuhr, Trainingsvolumen und Trainingsdauer mitberücksichtigt.
Fazit
Muskelaufbau im Kaloriendefizit funktioniert, sofern die Versorgung mit Protein und die Trainingsintensität stimmen. Zudem spielt der individuelle Ausgangszustand eine große Rolle dabei, wie gut Muskelmasse im Defizit aufgebaut werden kann.